Dieser Artikel ist in zwei Teilen:
I. Al-Shāfiʿī's Definition von Bidʿa als entweder gut oder schlecht
II. Die Einteilung von bidʿa bei den Ahl al-Sunna
Eine der wichtigsten Beiträge des al-Shāfiʿī zu den Grundlagen des islamischen Rechts (us.ūl al-fiqh) ist seine Einteilung [des Begriffs] der Innovation [in Sachen der Religion] (al-bidʿa) und erneuerte Angelegenheiten (al-muh.dathāt) in “gute” und “schlechte” Innovation abhängig davon ob sie mit den Richtlinien der Religion übereinstimmen oder nicht. Dies wird von zwei seiner bedeutendsten Schüler der Spätperiode seines Lebens authentisch berichtet, die ägyptischen Hadithgelehrten H.armala ibn Yah.yā al-Tujaybī und al-Rabīʿ ibn Sulaymān al-Murādī:
H.armala sagte, "Ich hörte al-Shāfiʿī (ra) folgendes sagen:
Als Beweis nahm er die Erklärung des ʿUmar ibn al-Khat.t.āb (ra) über die [gemeinschaftlichen] freiwilligen Abendgebete im Monat Ramad.ān, als er sagte: “Welch' schöne Erneuerung! ” [1]
Al-Rabīʿ sagte, "Al-Shāfiʿī sagte zu uns:
'Erneuerte Angelegenheiten sind zweierlei (al-muh.dathātu min al-umūri d.arbān):
Die eine ist eine Erneuerung, welche gegen etwas von dem verstösst (mā uh.ditha yukhālifu), was entweder im Koran ist oder in der Sunna oder gegen einen Bericht der Gefährten (athar) oder gegen die übereinstimmende Auffassung (ijmāʿ): [nämlich] daß Innovation ein Irrtum ist (fahādhihi al-bidʿatu d.alāla).
Die andere Art ist die Innovation (oder Erneuerung) irgendwelcher oder aller guten Dinge (mā uh.ditha min al-khayr) wenn sie nichts von den oben erwähnten [religiösen Quellen] widersprechen und das ist die tadellose Innovation (wahādhihi muh.dathatun ghayru madhmūma).
ʿUmar (ra) sagte betreffend der Gebete des Ramadhan: “Welch' schöne Erneuerung (dies ist)! ” Damit meinte er, es ist als etwas Neues eingeführt worden, ohne vorher existiert zu haben und trotzdem gab es nichts (darin), was dem obigen widersprochen hätte.'"[2]
So hat al-Shāfiʿī das wesentliche und unentbehrliche Kriterium dargelegt, zu entscheiden ob es sich um richtige bidʿa handelt, wie es ua. von Imām al-Haytamī, Qād.ī Abū Bakr Ibn al-ʿArabī, und Imām al-Lacknawī definiert wurde:
“Bidʿa in Sachen des [religiösen] Gesetzes ist all das Erneuerte, was gegen den Befehl des Gesetzgebers und dessen spezifische und allgemeine Beweise verstösst.”[3]
“Nur jene bidʿa, die der Sunna widerspricht, ist tadelnswert.”[4]
“Bidʿa ist all das was es in den ersten drei Jahrhunderten nicht gab und für welches es keine Grundlage gibt in den vier Quellen des Islam”, dh. Koran, Sunna, Ijmāʿ, und Qiyās.[5]
Daraus folgt, daß es nicht ausreicht, daß etwas bloss neu ist um bidʿa zu sein, es muss auch der Religion widersprechen.
H.ujjat al-Islām Al-Ghazzali (ra) schrieb, als er das Hinzufügen der arabischen Vokalzeichen zum Korantext erörterte:
“Die Tatsache daß dies eine Erneuerung ist (muh.dath), ist dafür kein Hindernis. Wie viele Erneuerungen sind nicht ausgezeichnet! So wie man die Verrichtung des gemeinschaftliche Tarāwīh-Gebetes als eine der Erneuerungen des ʿUmar (ra) bezeichnete und eine ausgezeichnete Erneuerung (bidʿa h.asana) dazu. Eine tadelnswerte Erneuerung ist nur jene, welche der althergebrachten Sunna widerspricht oder zu ihrer Änderung führen könnte. ”[7]
[1] Narrated from H.armala by Abū Nuʿaym with his chain through Abū Bakr al-ājurrī in H.ilyat al-Awliyā' (9:121 #13315=1985 ed. 9:113) and cited by Abū Shāma in al-Bāʿith ʿalā Inkār al-Bidaʿ wal-H.awādith (Ryadh 1990 ed. p. 93), Ibn Rajab in Jāmiʿ al-ʿUlūm wal-H.ikam (p. 267=Zuh.aylī ed. 2:52= Arna'ūt. ed. 2:131 s.ah.īh.), Ibn H.ajar in Fath. al-Bārī (1959 ed. 13:253), al-Turt.ūshī in al-H.awādith wa al-Bidaʿ (p. 158-159), and al-Shawkānī, al-Qawl al-Mufīd fī Adillat al-Ijtihād wa al-Taqlīd (1347/1929 ed. p. 36). ʿUmar's report is narrated by Mālik in al-Muwat.t.a' and al-Bukhārī in his S.ah.īh..
[2] Narrated from al-Rabīʿ by al-Bayhaqī in his Madkhal and Manāqib al-Shāfiʿī (1:469) with a sound chain as stated by Ibn Taymiyya in his Dār' Taʿārud. al-ʿAql wa al-Naql (p. 171) and through al-Bayhaqī by Ibn ʿAsākir in Tabyīn Kadhib al-Muftarī (Kawtharī ed. p. 97). Cited by al-Dhahabī in the Siyar (8:408), Ibn Rajab in Jāmiʿ al-ʿUlūm wal-H.ikam (p. 267=Zuh.aylī ed. 2:52-53=Arna'ūt. ed. 2:131 s.ah.īh.), and Ibn H.ajar in Fath. al-Bārī (1959 ed. 13:253).
[3] Al-Haytamī, al-Tabyīn fī Sharh. al-Arbaʿīn (p. 32).
[4] Ibn al-ʿArabī, ʿārid.at al-Ah.wadhī (10:147).
[5] Cf. al-Lacknawī, Iqāmat al-H.ujja (p. 12).
[7] Al-Ghazzālī, Ih.yā' ʿUlūm al-Dīn (1:276).
Der vollständige Artikel ist auf englisch: und auf französisch:
vs.2.3